Dienstag, 10. Juni 2014

Musik gesehen (16): Metallica (und Co.)


Bevor das WM-Fieber ausbricht, muss ich das hier noch schnell loswerden. Ich habe Metallica gesehen. Naja, mehr oder weniger. Aber vor allem gehört. Und das war geil. Da will ich gern etwas weiter ausholen.

Ende 2013 war es, dass die Nachricht erging, im Juni 2014 gebe es ein Festival in Hamburg, Sonisphere genannt, bei dem auch Metallica spielen würden. „Oh“, dachte ich – und als ich das zu Ende gedacht hatte, waren die Tickets auch schon weg. Zum Glück habe ich eine treusorgende Gattin, die hinter meinem Rücken einiges in Bewegung setzte, um doch noch ein Ticket zu ergattern und es mir unter den Weihnachtsbaum zu legen. So weit, so herrlich.

Was da nun am vergangenen Mittwoch in der Imtech-Arena zu Stellingen stieg, war nur mit sehr viel Wohlwollen ein „Festival“ – eigentlich war es ein erweitertes Metallica-Konzert mit in diesem Fall drei Vorbands. Mit dieser Einstellung machte sich auch unsere kleine Reisegruppe auf den Weg und weilte noch außerhalb der Stadionmauern, als – wie auf den Tickets ausgewiesen – um Punkt 17:30 Uhr die Band Ghost ihre elektrischen Klampfen erklingen ließ. Als sie um ebenso präzise 18 Uhr diese Tätigkeit wieder einstellte, hatten wir immerhin noch ein paar Minuten der seltsam gewandeten Schweden mitbekommen. Ganz nette Untermalungsmusik für das Eröffnungsbierchen war das, immerhin.


Wie gesagt, erweitertes Metallica-Konzert: Zu diesem Zeitpunkt war das Stadion nicht einmal halb gefüllt. Das änderte sich auch noch nicht merklich, als Mastodon die Bühne betraten. Zwar haben die ebenfalls ganz manierlich und anhörbar metalliert, aber auch noch keine wahrnehmbaren Begeisterungsstürme im Publikum verursacht. Erst als die Thrash-Metal-Veteranen Slayer loslegten, wurde klar, dass doch nicht wirklich alle nur wegen Metallica da waren – auch der Name Slayer hatte offenbar den einen oder anderen Ticketkauf provoziert.

Spätestens jetzt oute ich mich als Late Adopter in Bezug auf Metal. Slayer kannte ich nämlich bis dahin nur dem Namen nach. Meine Bewertung: Das rockte ganz amtlich, und ein paar wirklich gefällige Songs waren durchaus dabei. Optisch allerdings waren Slayer wenig unterhaltend, denn wir sahen vier ältere, aber umso wohl genährtere Herren, die wenig mehr bewegten als Finger und Lippen, mit denen sie den Lärm erzeugten. Dem Hardcore-Metaller geht die B-Note ja bekanntlich am tätowierten Hinterteil vorbei, mir allerdings fiel das eher negativ auf, obwohl Slayer mich musikalisch durchaus überzeugten.


Dass es dann eben doch ein Metallica-Konzert mit Beiwerk war, wurde klar, als die Stars des Abends um Punkt 21 Uhr die Bühne betraten. Nun nämlich war alles zwei Nummern größer und besser als zuvor. Bei den Vorbands schmückte jeweils ein großes Banner die Bühne, zwei Riesenbildschirme im 16:9-Format rechts und links daneben zeigten das Geschehen an den Mikros in groß. Bei Metallica nun verwandelten 16 turmhohe, vertikale LED-Bänder die gesamte Bühnenfront in einen einzigen riesigen Bildschirm und zeigten, was unzählige Kameras – unter anderem je vier übereinander auf zwei Türmen im Zuschauerraum - im gesamten Stadion filmten.

Zum optischen Bombast gesellte sich akustische Perfektion, die meine Erwartungen an ein solches Stadionkonzert noch übertrafen. Und dieser technische Overkill wurde dann von James Hetfield, Lars Ulrich, Kirk Hammett und Robert Trujillo grandios mit Musik gefüllt. Es wirkt zwar etwas befremdlich, dass diese Band inzwischen ein so hohes Maß an Perfektion und Professionalisierung der technischen Ausstattung und des Marketings erreicht hat, weil die Metal-Szene ja eher dafür bekannt ist, Wert auf Authentizität zu legen und eine perfekt durchorganisierte Show als dem Mainstream zugehörig zu verpönen. Aber das Ergebnis ist zu überwältigend, als dass man das wirklich kritisieren könnte.

Klar wurde mir der perfekte Sound, als ich mal musste. Eigentlich hatten wir uns in der Nähe der Tonregie im vorderen Drittel platziert. Doch als nach etwa zwei Dritteln des Konzerts der Toilettengang keinen Aufschub mehr duldete, musste ich mich nach hinten zu den entsprechenden Örtlichkeiten durchschlängeln. In dem Moment, in dem mir klar wurde, dass der Weg zurück nach vorn noch ungleich beschwerlicher und langwieriger werden würde, realisierte ich auch, dass ich ihn mir sparen konnte. Der Sound war hinten genauso glasklar und laut wie weiter vorn, und auch die Megaleinwand war bestens zu erkennen.


Also blieb ich dort und erlebte das Highlight des Abends. Es wurde eingeleitet von einem Gitarrensolo Kirk Hammetts, das überging in das Intro von Nothing Else Matters. Als die ersten Töne des wohl bekanntesten und erfolgreichsten Metallica-Songs in glasklarstem Sound erklangen und die Megaleinwand nichts weiter als die Gitarre spielenden Hände Kirk Hammetts zeigte, bekam ich Gänsehaut. Dieser Song und das dann folgende Enter Sandman waren der Höhepunkt des Abends an perfekter Show und Atmosphäre. Ein Chor aus 50.000 Metallica-Fans flankierte James Hetfield beim Vortragen der jedem im Stadion bekannten Textzeilen.

Wenn ich denn überhaupt etwas kritisieren müsste, dann die Tatsache, dass leider kein Lied meines Lieblingsalbums Death Magnetic erklang, das mich erst so richtig (Late Adopter, ich erwähnte es) zum Metallica-Fan machte. Es handelte sich ja bei diesem Konzert um eines der Reihe „Metallica by request“, bei dem die Band die Fans vorher abstimmen lässt, welche Songs sie spielen soll. Das Ergebnis war eine Setlist mit 19 Songs, zu denen natürlich alle Klassiker zählten, und das war auch gut so. Mein Geschmack allerdings scheint nicht dem Metallica-Mainstream zu entsprechen – auch wenn mein Lieblingssong All Nightmare Long immerhin der bestplazierte unter den Death Magnetic-Tracks war.

Das Fazit fällt kurz aus: Großartig. Jeder, der jemals auch nur im entferntesten erwägt hat, sich Metalllica live anzuhören und zu -sehen, sollte es tun, wenn sich ihm die Chance bietet. Es lohnt sich.

Und weil es All Nightmare Long beim Konzert nicht gab, gibt's es dafür hier:

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