Donnerstag, 5. Februar 2015

Latzes Whisky | Raus aus Schottland


Ich war echt ganz schön gespannt. Eine Irish Whiskey/Bourbon Night stand auf dem Programm. Ein ganzer Abend nur mit Bourbon und irischem Whiskey. Na dann.

Es gibt ja nicht wenige Liebhaber schottischen Whiskys, die die Erzeugnisse aus Irland und den USA eher belächeln und sie stets kommentieren mit dem Hinweis, dass sie allerhöchstens mit Cola und Eis genießbar seien. Ich für meinen Teil scheine einen vielseitigen Geschmack zu haben, denn obwohl ich quasi über Schottland zum Whiskygenuss gekommen bin und die dortigen vielfältigen Aromen mag, besonders den Rauch, der den Iren und den Amis meist abgeht, wusste ich bereits, dass es auch Irish und Bourbon gibt, die mir munden.

Die Veranstaltung in der Weinkellerei und Spirituosenmanufaktur Heinr. von Have in Hamburg-Bergedorf ließ erneut keine Wünsche offen - durch eine solche bin ich ja wie berichtet überhaupt erst zum Whisky gekommen. Wie damals führte Seniorchef Horst von Have durch den Abend, und das gewohnt unterhaltsam und anekdotenreich. Wie wird der Whisky hergestellt, warum schmeckt er so, wie er schmeckt und wie komme ich überhaupt in den Genuss der vielen Aromen? Das alles erklärt er mit seiner ganzen Erfahrung als Kellermeister, Destillateur und natürlich Whiskygenießer. Und auch andere Geschichten gab er zum besten. Weil wir thematisch in Irland und den USA unterwegs waren, erfuhren wir über das Getränk hinaus auch, warum der Ire den Briten im allgemeinen und den Schotten im besonderen nicht sonderlich mag, was General Custer am Little Big Horn widerfuhr und dass "Karl May von Indianern so viel Ahnung hatte wie 'ne Kuh vom Tauchen".

Aber natürlich gab es zwischendurch auch etwas zu trinken. Fünf Iren, ein kanadischer Whisky und vier Bourbon standen auf dem Plan. Hier sind sie alle mit jeweils einer kurzen Bewertung. Erwartet bitte keine professionellen Tasting Notes, so weit bin ich noch nicht.

Teeling Single Grain
Nase recht scharf, im Geschmack sehr schöne Honignoten. Ein angenehm leichter Whiskey, der mir gut gefallen hat.

Jameson Gold Reserve
Mit Jameson werde ich nicht warm. Die Nase noch angenehm weich, im Geschmack dann mit Vanille und Rotwein und einem undefinierbaren, mir unangenehmen Beigeschmack.

Redbreast 12 Jahre
Für mich der beste Ire des Abends. Nase und Aroma schön fruchtig, im Geschmack mit etwas Pfeffer, mit langem Abgang. Lecker.

Yellow Spot 12 Jahre
Süße Nase, Aroma fruchtig, aber unausgewogen mit viel Holz. Mittellanger Abgang. Wertung: nicht so doll.

Bushmills 1608 Anniversary
Der kräftigste Ire mit einem Hauch Wald in der Nase. Aroma kräftig trotz der irischen Süße, mit angenehmem Holz und einer Spur Rauch, insgesamt aber trotzdem rund und weich. Gefällt mir.

Canadian Club 12 Jahre
Für mich und alle anderen Tasting-Teilnehmer der Totalausfall des Abends. Unangenehm süß, hat in meinen Augen geschmacklich mit Whisky wenig zu tun, eher rumartig.

Jack Daniels Single Barrel
Für mich der bisher beste Bourbon (Tschuldigung: "Tennessee Whiskey"). Den hatte ich schon zuhause, und es hat sich bestätigt. Honig, Vanille, Früchte und das für Bourbon typische Eichenholz verbinden sich zu einer herrlich runden Sache.

Woodford Reserve Distiller's Select
Nach dem Kanadier die zweite Niete, da haben auch meine Notizen versagt. Unausgewogen und zu süß, wenn ich mich recht erinnere.

1776 Bourbon Whiskey 100 proof
Viel Honig in der Nase, im Geschmack etwas scharf, aber rund mit Honig und etwas Karamell. Recht lecker.

Wild Turkey 101 proof
Viel Vanille in Nase und Aroma, trotz des hohen Alkoholgehalts von 50,5 Prozent weich mit einer angenehmen, nicht zu aufdringlichen Süße. Für mich zweitbester Bourbon des Abends.

Was habe ich nun an diesem Abend gelernt? Folgendes:
  • Dass es der erste Whisky eines Tastings stets schwer hat. Zunge und Gaumen müssen sich beim ersten Schluck des Abends zunächst an die Schärfe des Alkohols gewöhnen. Der erste Whisky schmeckt also erstmal scharf, er sollte bei einem Tasting die Chance eines zweiten Schlucks bekommen.
  • Dass auch aus Irland und den USA sehr leckere Whiskeys kommen, die man sich mal zuhause ins Regal stellen kann.
  • Dass kanadischer Whiskey auch bei viel gutem Willen wohl tatsächlich nix taugt. Der verkostete Canadian Club war, nun ja, sonderbar. Meine ernst gemeinte Frage, ob der, wenn man beide Augen zukneift, geschmacklich auch als Rum durchginge, vermochte der Referent nicht zu verneinen. Ein guter Rum ist ja was Feines, aber einen Whisky, der nach Rum schmeckt, brauchen wir wohl eher nicht.
  • Dass die für mich besten des Abends, nämlich der Teeling, der Redbreast, der Bushmills, der Jack Daniels und der Wild Turkey, sich locker bei den guten schottischen Tropfen einreihen können und ich sie bei jeder Gelegenheit, die ich bekomme, genießen werde.
  • Dass ein ganzer Abend nur mit Irish Whiskey und Bourbon dann doch etwas zu viel des Guten ist. Einzelne schmecken hervorragend, aber die geballte Masse ist dann doch arg süß, vanillig und holzig. Ein kräftiger Schotte, idealerweise mit mehr oder weniger Rauch, muss da zwischendurch zur Erdung einfach mal sein.

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