Wieder einmal hatte ich das große Vergnügen, einem Whisky-Tasting in der
Weinkellerei und Spirituosenmanufaktur Heinr. von Have in Hamburg-Bergedorf beizuwohnen. Rahmen und Ablauf waren von gewohnter Qualität, die ich bereits
hier und
hier beschrieben habe. Seniorchef Horst von Have gab in seinem launigen Beitrag Einsteigern alles nötige Grundwissen an die Hand, um zum Whiskygenießer zu werden. Fortgeschrittene hatten so Zeit und Gelegenheit, sich intensiv den ausgeschenkten Tropfen zu widmen. Da ließ ich mich wie immer nicht zweimal bitten.
Das Lineup der angebotenen Whiskys war eine gut abgestimmte Rundreise durch das schottische Whiskyangebot - mit Start in Japan -, die eine interessante Mischung aus erschwinglichen Standard-Whiskys und einigen Exoten bereithielt. Nur am Ende war die Zusammenstellung etwas unharmonisch: Auf den Höhepunkt des Abends, den quasi hauseigenen Mackmyra Rotspon Triple Wood "Abraham", folgte der Caol Ila. Letzterer ist ein sehr wohlschmeckender, sehr rauchiger Standard von der Insel Islay. Eigentlich ein guter Abschluss, doch gegen den Mackmyra, der zwar ohne Rauch, aber dafür mit Fassstärke und einem vollmundigen und vielfältigen Geschmackserlebnis begeisterte, sah der Caol Ila am Ende ziemlich blass aus.
Aber das war nur ein kleiner Makel an einem ansonsten sehr gelungenen Abend. Es folgen nun meine Einzelbewertungen der verkosteten Whiskys:
Platz 8 +++ Kein überragender, aber ein guter und leichter Einstiegswhisky +++ In der Nase mit etwas Klebstoff und ersten hellen Früchten +++ im Geschmack dann deutliche Aprikose und leicht nussig, insgesamt angenehm leicht, Abgang etwas kurz
Platz 10 +++ Etwas kräftiger als der Togouchi, aber nicht besser +++ Im Geschmack mit etwas dunkler Frucht und Orange, deutliche Holznote, etwas bitter +++ Für mich nicht überzeugend, zu unausgewogen und flach
Platz 7 +++ Ein ordentlicher Blend, bei dem nur das Preis-Leistungs-Verhältnis für mich nicht ganz stimmt +++ In der Nase bereits mit viel Vanille und Karamell, was sich auch im Geschmak fortsetzt +++ Vanille- und Honignoten lassen ihn wie einen guten Bourbon wirken
Platz 4 +++ Für mich die erste überzeugende Begegnung mit einem sherrylastigen Whisky +++ In der Nase bereits kräftige dunkle Früchte, der Geschmack kommt dann mit der ganzen Sherrywucht und mit deutlicher Pflaume +++ sehr lecker
Platz 5 +++ Den kannte ich schon und hatte ihn in guter Erinnerung - zurecht +++ Mit leichtem Rauch und Zitrusfrüchten macht bei mir keiner was falsch +++ Ein astreiner Alltagswhisky, nicht zu anspruchsvoll, aber lecker - vielleicht nur ein bisschen teuer für das, was er kann
Platz 9 +++ Mein zweiter Versuch mit Jura - war wieder nix +++ Der Sherryeinfluss war zu merken, wenn auch nur dezent +++ Ansonsten war ich mit dem überfordert, für mich undefinierbar, schmeckt mir einfach nicht
Platz 3 +++ Tolle Neuentdeckung für mich +++ Eine super Kombination von dezentem Rauch mit sehr angenehmer Süße und deutlichen Honignoten +++ weich und voll im Geschmack, sehr schön
Platz 2 +++ Ein sehr guter Bekannter, bisher mein Lieblings-Bowmore +++ Ein ganz feiner Bourbonfass-Bowmore, mit dem typischen leichten Rauch, deutlichen Zitrusnoten und Vanille +++ Ich find den toll und war gespannt, ob er mich beim Tasting zwischen den anderen Whiskys noch so überzeugen kann wie beim ersten Mal - er konnte
Platz 1 +++ Der Star des Abends +++ Kommt in Fassstärke mit 54,2 Prozent, braucht aber kein Wasser +++ Die Reifung in drei verschiedenen Fasstypen und das Finish im Rotweinfass bringt schon in der Nase eine große Aromenfülle +++ Im Geschmack entfalten sich dann vollends die intensiven Aromen dunkler Früchte und die Süße von Vanille und Marzipan +++ Der ist teuer, aber seinen Preis mit Sicherheit wert
Platz 6 +++ Ein rauer Vertreter von der Insel Islay +++ Rauch, Meersalz, Jod bestimmen sein maritimes Geschmacksbild, abgerundet von rauchigem Abgang +++ Eigentlich mag ich das, und auch den kannte ich schon vorher +++ Hinter dem Mackmyra und seiner Aromenfülle ist er aber ein wenig abgestürzt an diesem Abend
Und das habe ich an diesem Abend gelernt:
Das Geschmacksspektrum ist bei Whisky so groß, dass es manchmal nicht nur um Nuancen geht. Es bleibt dann nicht bei einem "der schmeckt mir weniger gut/etwas besser als der andere" und der Aussage, dass man Whisky allgemein auf jeden Fall mag. Nein, es gibt tatsächlich welche - und das sind beileibe nicht nur irgendwelche Discounter-Tropfen - bei denen ich im Brustton der Überzeugung sagen kann: Der schmeckt mir nicht. Der Glenlivet zählt dazu, und mit Jura werde ich wohl auch so schnell nicht warm.
Whiskys, die ich schon vorher kannte und sehr mochte, haben sich hier sehr gut gegen die neuen, also mir bisher nicht bekannten Konkurrenten gut behauptet. Der Tomatin ist ein sehr guter Alltagswhisky, und der Bowmore Gold Reef hat seinen Platz unter meinen absoluten Favoriten gefestigt - auch wenn er den Tagessieg dem Mackmyra überlassen musste, mit dem ein baldiges Wiedersehen allerdings fraglich ist: Ausverkauft. Und der Caol Ila bleibt ein leckerer rauchiger Vertreter von Islay, auch wenn er an diesem Tag wie oben beschrieben einen schweren Stand hatte.